Wie machen‘s denn die anderen? Eine kleine Seifenstudie

Seifen werden auf der ganzen Welt gesiedet. Die grundlegenden Prinzipien sind auch alle gleich. Man vermischt Lauge mit Fetten, lässt sie verseifen und tadaa schon hat man Seife. Doch jeder, der selbst siedet, weiß, dass das Ganze etwas komplexer ist. Man muss auf Vieles achten und entwickelt nach eine Weile so seine Gewohnheiten. Was mir jedoch speziell aufgefallen ist? Es scheint auch kulturelle Unterschiede zu geben. Dem wollte ich auf den Grund gehen.

Aber vorab, alles, was ich hier schreibe ist meine Auffassung als, sagen wir mal Außenstehende. Ich verurteile keine Art, wie man Seife macht und bevorzuge auch keine Seifenkultur mehr als die Andere. Dieser Text dient lediglich der Unterhaltung und soll nicht zu Verurteilungen führen. Jedem das Seine und vor allem habt Spaß, das ist das Wichtigste ;)

Meine ersten Seifen habe ich in Workshops gesiedet. Danach bin ich auf Youtube umgestiegen und habe mir dort eine gefühlte Million Videos angeschaut, größtenteils von amerikanischen Siederinnen. Eine dieser Siederinnen Tree Marie Soapworks hat auch eine Facebook Gruppe gegründet und dieser bin ich beigetreten. Man kann also fast sagen, dass ich amerikanisches Sieden gelernt habe. Nach einer Weile wurde ich aber neugierig und habe mich zwei deutschen Siedergruppen angeschlossen und war erstmal erstaunt. Hatte ich doch gedacht, dass man beim Sieden keine so großen Unterschiede haben könnte. Falsch gedacht. Ein paar Unterschiede sind mir gleich aufgefallen, dazu später mehr. 

Ich habe mich entschlossen aus diesem Thema eine klitzekleine Studie zu machen, damit man auch was Handfestes vorzeigen kann ;) Nach meiner Studie war ich nochmal erstaunt. So unterschiedlich, wie sich das für mich am Anfang angefühlt hat, ist es gar nicht, aber die Unterschiede, die es gibt, sind doch nicht unrelevant.

Was mir aufgefallen ist

Die Dinge, die mir gleich aufgefallen sind, waren die Differenzen in der Überfettung und in gewissem Maße die Öle, die benutzt werden. Dazu kommt, dass die Mitglieder der amerikanischen Gruppe fast nie ihre Rezepte zu den Fotos posten, außer sie haben ein Problem mit der Seife oder sie wollen wissen, ob das Rezept etwas taugt. Als ich mich dann mehr und mehr mit dem Thema beschäftigt habe sind mir weitere Dinge aufgefallen. Lest selbst :)

Die tatsächlichen Resultate

Ich hatte in der deutschen Gruppe gefragt, welche Öle man am Liebsten benutzt, hier eine Liste der meistgenutzten Öle (in Quantität der Antworten).

  • 1. Rizinus und Shea (jeweils 11)
  • 2. Babassu (10)
  • 3. Olive (9)
  • 4. Distel HO (8)
  • 5. Schwein, Mandel und Kokos (jeweils 7)
  • 6. Kakaobutter, Sonnenblume HO und Reiskeim (jeweils 6)
  • 7. Andere tierische Fette, wie Rind oder Schaf, Raps und Hanf (jeweils 3)
  • 8. Jojoba (2)
  • 9. Palmkern, Argan, Neem (jeweils 1)
Diese Liste ist sehr interessant, zur Hälfte ist sie gleich mit den gängig benutzten Ölen und Fetten in Amerika. Doch ein Paar fallen komplett aus der Reihe. In Amerika würde die Liste etwa so aussehen (ohne eine bestimmte Reihenfolge zu beachten, nur basiert auf meiner Auffassung):

  • Olive
  • Palmfett
  • Kokos
  • Rizinus
  • Schwein oder Rind
  • Kakaobutter
  • Sheabutter
  • Mandelöl
Die anderen Öle und Fette werden auch benutzt, aber eher spärlich. Öle, wie Sonnenblume, Distel, Reiskeim und co sind schon beinahe verpöhnt, da sie als Schnellranzer gelten und zu schnell zu DOS (dreaded orange spots, gefürchtete orangene Flecken) führen. Babassu wird nur dann benutzt oder empfohlen, wenn man eine Kokosallergie hat. Rizinus wird nur bis 10% empfohlen, Kokos nur bis ungefähr 20%. Teurere Öle, wie Argan, Jojoba, Hanf etc soll man sich besser für Cremes sparen, sie sind für Seife zu schade. 

Weiter fällt auf, dass die Amerikaner sich mit ungefähr 4 bis 6 Ölen pro Seife genügen, Anfänger, die ihre Rezepte mit 8 verschiedenen Ölen posten bekommen gesagt, sie sollen doch alles was unter 10% hat lieber bei einem der geläufigen Ölen, wie Olive, Kokos oder Schwein beifügen. In Deutschland ist man da mischfreudiger und benutzt auch mal mehr Öle, und auch gerne weniger Prozente.

Der größte Unterschied liegt aber zu 100% in der Überfettung. In Amerika reichen den meisten 5-7%, in Deutschland (und natürlich all den umliegenden Ländern, ich will keinen auslassen, doch muss das irgendwie zusammenfassen ;) ) liegt man generell eher bei 15%, auch wenn die Antworten auf meine Umfrage zwischen 10 und 20% lagen. 15% scheint die goldene Mitte für die Meisten zu sein. 

Wie schon vorhin erwähnt, werden jedoch in Amerika die Rezepte weniger oft geteilt. Bei den Posts in der Gruppe geht es definitif mehr um das Visuelle, als um die inneren Werte der Seifen. Es wird höchstens das Parfümöl erwähnt. In Deutschland ist das Design selbstverständlich nicht nebensächlich, doch fast immer steht auch da, was denn von Fetten drin ist, welche Überfettung man genommen hat und was als Laugenflüssigkeit gedient hat. Und hier kommen wir zum nächsten Punkt.

In Deutschland benutzt man Sud von diesem und jenem, Tee, Aufguss, etc. Natürlich auch Milch (egal ob tierisch oder pflanzlich) und Kaffee. Dies tut man in Amerika auch sehr gerne. Hier sieht man am häufigsten Milch (Ziegenmilch von den eigenen Ziegen sehr oft), Aloe Saft oder Kaffee als LF anstelle von Wasser. Obst wird auch sehr gerne in die Seifen püriert, was oft am eigenen Garten liegt, der zu viele Mangos, Avocados oder ähnliches produziert. Tja, da können wir im kalten (höhö) Europa nicht mithalten. 

In Amerika scheint die Zitronensäure weniger geläufig zu sein als hier. Wenn ein Neuling fragt, wozu sie gut ist, kommen meist sehr gemischte Antworten und nur die wenigsten scheinen sie überhaupt selbst zu benutzen. In der deutschen Gruppe ist mir aufgefallen, dass sehr viele die Zitronensäure benutzen. Ob dies nun vielleicht an geographischen Unterschieden liegt und wir vielleicht härteres Wasser haben, weiß ich nicht.

In Deutschland seift man kleiner. Ist das jetzt typisch, dass die Amis größere Quantitäten Öl verseifen? Oder ist es einfach nur leichter seine Seifen in Amerika zu verkaufen und deshalb siedet man gleich mehr, wärend wir hier in Europa mit Regeln ohne Ende zu kämpfen haben und darum nur für den Eigengebrauch und die Freude an der Seife sieden? Wer weiß, aber auffallen tut es trotzdem. In Amerika empfiehlt man den Neulingen klein anzufangen, mit ungefähr einem Pfund (+/- 450gr) Gesamtfettmenge (GFM). In der deutschen Gruppe, scheint dies anders zu sein, man findet auch mal Seifchen, die mit um die 200gr GFM gemacht wurden, nur um ein paar Förmchen zu füllen. Natürlich wird auch mal mehr verbraucht, aber nicht so wie in den USA, wo auch mal ein Block für 50 Seifen auf einmal gemacht wird, auch wenn nicht komerziell gesiedet wird.

In den USA scheint man auch weniger Einzelförmchen zu benutzen. Es werden mehr Laibe gemacht, oder slab molds (Breite Formen, aus der man sozusagen mehrere Laibe und dann Stücke schneiden kann). Einzelformen werden eher für Salzseifen benutzt, da diese schnell brüchig werden. Für „normale Seife“ werden sie nicht sehr oft benutzt, außer von Neulingen, die klein anfangen.

Soweit sind das alle Auffälligkeiten, die ich beobachten konnte. Kurios, nicht? Ich weiß, dass ich auf alle Fälle jetzt auch mal das „deutsche“ Sieden mit anderen Fetten und Ölen und einer höheren Überfettung ausprobieren werde. Vielleicht ist der ein oder andere ja auch versucht mal amerikanisch zu sieden? Wer weiß, danach können wir unsere Seifen ja austauschen und raten, nach welcher Art sie gesiedet wurden ;)

Ich hoffe, dieser kleine Bericht war interessant zu lesen. Wer will, kann sich meinen Blog ruhig noch genauer ansehen, auch wenn ich nicht nur vom Sieden berichte :)

Vielen Dank an alle, die meine Frage auf Facebook beantwortet haben, ihr habt mir viel geholfen!

Bis bald,
Inès

Kommentare

  1. Hallo Inès ! Sehr interessant dein Artikel!
    Ich wohne in Frankreich, und da gibt's auch nochmal Unterschiede und andere "Siedesitten" 😅
    In Frankreich wird bis max. 10% überfettet, sehr wenig Palm u. Tierfett benutzt, wenig Distel, Reiskeim, aber viel Olive, Kokos, Shea, Erdnuss, Traubenkern und Mandel hingegen. Es wird weniger Tee statt Wasser benutzt, Zitronensäure erst gar nicht... (kommt langsam) Kein Salz und Zucker. Dafür Sodium Lactat und Honig.
    Seit Jahren lese ich amerikanische Blogs, deutsche, französische, und ich bin von Anfang an von diesen Unterschieden fasziniert.
    Ich muss mittlerweile so ein Mischmasch aus allem sein, da ich immer neues ausprobiere und mich überall inspiriere, und das ist ja das tolle an der Sache 🌍

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  2. Danke für den Vergleich. Ich bin mehr in kanadischen Gruppen unterwegs und vieles überschneidet sich mit den amerikanischen. Also es werden nie Rezepte gepostet, Milch ist super beliebt als LF, nur niedrige Überfettung (unter 10%), ähnliche Öle wobei es auch schwierig ist Distel oder Sonnenblume als HO zu finden. Generell geht's in der Gruppe viel um den Verkauf und deshalb postet auch niemand sein Rezept weil sonst könnte man das klauen und daraus Profit machen.

    Einmal gab es ein interessante Frage ob man jemanden das Seifen machen zeigen würde und erstaunlicherweise waren fast alle dagegen. Das hatte mich damals total verwundert. Die netten Kanadier auf einmal nicht nett. Wie gesagt, da gibt es wohl viel neid und die Freundschaft hört beim Geldbeutel auf.

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