Was haben Schaumfett, Zucker und Mischverseifung gemeinsam?
Die erste Antwort zu dieser Frage im Titel wird bei Vielen wohl Schaum sein. Und genau da kam mir eine zweite Frage. Wieso? Also machte ich mich auf in die Untiefen der Seifenchemie auf der Suche nach Antworten. Ich will es mal wieder wissen und hoffentlich auch so manchem von euch etwas Licht ins Seifendunkel bringen.
Fangen wir bei den Grundfakten an. Schaumfette benutzen wir um unsere Seifen besser schäumen zu lassen, da sie es mit anderen Fetten und Ölen eher unwillig bis garnicht tun. Rizinusöl gilt als Schaumbooster, aber nur im Zusammenspiel mit einem anderen Schaumfett. Zucker (in vielen verschiedenen Formen) ist etwas umstritten, gilt aber für viele ebenfalls als Schaumbooster, ebenso die Mischverseifung, die selbst zB Salzseifen Schaum entlocken soll und gerne bei Rasierseifen angewandt wird. Ich werde auf jede Kategorie einzeln eingehen und am Ende alles miteinander verbinden und eine Konklusion ziehen. Ich werde die wissenschaftlichen Begriffe so richtig wie möglich benutzen und sie dennoch so einfach wie möglich beschreiben. An alle professionellen Chemiker und Wissenschaftler, bitte verzeit mir, falls ich etwas falsch erkläre oder nicht die richtigen Begriffe benutze. Ich gebe bei meinen Forschungen immer mein Bestes um tatsächliche Fakten niederzuschreiben aber es können sich immer Fehler einschleusen. Ich bin Laie, der mit großem Interesse, chemischem Grundwissen aus der Schule und gesundem Menschenverstand ausgestattet ist und so versuche ich die wissenschaftlicheren Aspekte des Seifensiedens für andere Laien anschaulicher zu gestalten. Falls jemandem ein Fehler auffällt, gebt mir gerne Bescheid und ich werde es richtig stellen, bleibt jedoch bitte freundlich und verständnisvoll. Und somit geht‘s jetzt los.
Schaumfette
Als Schaumfette bekannt sind Kokosnussöl, Babassuöl, Palmkernöl, Murumurubutter und Lorbeeröl. Die letzten Beiden sind dabei die weniger oft Benutzten. Was diese Fette zu Schaumfetten macht ist ihr hoher Anteil an Laurin (lauric acid) und Myristin (myristic acid). Hierbei handelt es sich um gesättigte Fettsäuren. Nach einigen Forschungen fand ich heraus, dass gesättigte Fettsäuren mit ihren oft viel kürzeren Kohlestoffketten für eine wasserlöslichere Seife sorgen. Einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren hingegen haben längere Kohlenstoffketten und sogar Knicke in den Ketten, was zu härterer und weniger wasserlöslicher Seife führt. Wenn man Seifen mit hohem Schaumfettanteil etwa im Seifenrechner eingibt, bekommt man oft rote Zahlen bei der Langlebigkeit. Je mehr Schaumfett, desto löslicher ist die Seife. So entsteht mehr Schaum, aber die Seife verwäscht sich hierdurch auch schneller. Das, was das Schaumfett zu Schaumfett macht, ist also die höhere Wasserlöslichkeit der daraus entstehenden Seife.
Hier einige Fettsäuren in ihrer Struktur. Das „Gezackte“ ist die Kohlenstoffkette. Ketten mit Knick sind ungesättigt, 1 Knick=einfach ungesättigt, mehrere Knicke=mehrfach ungesättigt. |
Zucker und Rizinusöl
Zucker und Rizinusöl gelten als Schaumbooster, und wie ich herausfand auch aus gutem Grund. Ich habe zu diesem Thema tatsächlich nur eine aufschlussreiche Quelle gefunden. Die jedoch hat alles ziemlich gut erklärt. (Hier der Link.) Auch wenn man es in der Quelle nachlesen kann wollte ich es a) auf Deutsch erklären für alle die kein Englisch können und b) der Vollständigkeit halber wollte ich die Erklärung auch hier im Text mit einbegreifen.
Der Zucker, von dem hier die Rede ist, ist Haushaltszucker, auch als Saccharose bekannt. Aber auch andere Formen von Zucker, etwa die Lactose in Milch, kann schaumfördernd wirken. Dies aus dem gleichen Grund. Der chemische Zusammenbau der Zuckermoleküle, oder um genauer zu sein, die Hydroxylgruppen sind hierfür verantwortlich. Eine Hydroxylgruppe besteht aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom (chemisch niedergeschrieben OH). Fast jeder Zucker hat mehrere von diesen Gruppen. Diese Hydroxylgruppen sind was man in der Chemie polar nennt und somit hydrophil, also wasserliebend. Der Anteil hydrophiler Teilchen ist bei Zucker höher als der hydrophober (wasserfürchtend) Teilchen, was die gute Löslichkeit von Zucker in Wasser erklärt. Zucker löst sich in Wasser willig und schnell auf.
Der Aufbau eines Seifemoleküls ist anders, doch es besitzt ebenfalls genau wie Zucker einen hydrophilen und einen hydrophoben Teil. Jedoch ist bei Seife der hydrophile Teil viel kleiner als der Hydrophobe, also genau umgekehrt wie beim Zucker. Um nun zu erklären, wieso der Zucker als Schaumboster wirkt muss ich noch etwas weiter ausholen.
Wie funktioniert eigentlich die reinigende Wirkung der Seife? Der hydrophile Kopf des Seifenmoleküls hängt sich ans Wasser dran, der hydrophobe und somit lipophile (fettliebende) Schwanz des Seifemoleküls hängt sich an Öl und öligen Schmutz. Nicht nur ein Seifenmolekül tut dies sondern Mehrere. So ummanteln die Seifenmoleküle das Schmutzteilchen (ich nehme für meine Zeichnung ein Öltröpfchen als Beispiel). Dieses Gebilde nennt man Mizelle. Die Mizelle, die in ihrem inneren das Öltröpfchen trägt, wird beim Waschen mit dem Wasser weggewaschen. Die Mizellen sind im Wasser unter kolloidaler* Form verteilt und stoßen sich durch ihre elektrische Ladung voneinander ab. Die Mizellen klumpen also nie zusammen und bleiben gleichmäßig verteilt. (*Kolloidal = kleinste Teilchen eines Stoffes sind in einem Dispersionsmedium gleichmäßig verteilt. In diesem Falle sind die Mizellen das Kolloid und das Wasser ist das Dispersionsmedium. Siehe auch kolloidales Hafermehl oder kolloidales Silber.)
Darstellung eines Seifenmoleküls und einer Mizelle. |
Doch was haben die Mizellen mit dem Zucker zu tun? So direkt nichts. Doch der Zucker und die einzelnen Seifenmoleküle gehen in Verbindung. Der hydrophile Kopf des Seifenmoleküls und der hydrophile Teil des Zuckermoleküls hängen sich zusammen (sehr unwissenschaftlich ausgedrückt). So wird also der hydrophile Teil des Seifenmoleküls vergrößert und so erhöht sich auch die Löslichkeit der Seife in Wasser. Wenn man es in unwissenschaftlichen Worten ausdrücken möchte: Die Löslichkeit des Zuckers überträgt sich auf die Löslichkeit der Seife.
Und was hat das Rizinusöl jetzt hiermit zu tun? Es ist das einzige Öl was Rizinolein (ricinoleic acid) enthält. Bei der Verseifung entsteht Sodium ricinoleate, was (meinen Forschungen nach) das einzige Fettsäuresalz ist, was ebenfalls Hydroxylgruppen enthält. Es kann also ebenfalls die Wasserlöslichkeit der Seife erhöhen und somit die Schaumbildung fördern/unterstützen.
Darstellung eines Zucker und eines Seifemoleküls, in diesem Fall verseifte Ricinoleinsäure. In Pink die Hydroxylgruppen. |
Was man noch hinzufügen sollte, Zucker senkt auch die Oberflächenspannung von Wasser, genau so wie Seife es auch tut. Auch hier unterstützt der Zucker die Seife also in ihrer Wirkung. Eine niedrigere Oberflächenspannung bedeutet stabileren Schaum, da die Bläschen nicht so schnell platzen. Zucker fördert also nicht nur Schaum sondern erhält ihn auch länger. Dieses Senken der Oberflächenspannung ist auch das, was Seifen überhaupt erst schäumen lässt. Je löslicher die Seife, umso mehr wird die Oberflächenspannung gesenkt, da das Wasser mehr Seife enthält und durch die mechanische Aufschäumung durch Hände oder Seifensäckchen und co wird Luft (ein Gas) „eingerührt“ und so entsteht Schaum. (Lest euch hierzu gerne den angegebenen Link durch, er erklärt Schaum besser als ich.)
Mischverseifung
Wer will raten, wieso eine Mischverseifung mehr Schaum bringt? Ok, ich erklär es.
KOH (Kalium Hydroxid) ist ein Feststoff, der beim Auflösen in Wasser eine starke Lauge bildet. Diese Lauge wird zur Herstellung von Flüssigseife benutzt. KOH bildet eine sehr weiche, pastenartige Seife, die eine gute Wasserlöslichkeit vorzeigt (na, bei wem klingelt‘s schon?). Das aus KOH entsehende Salz (Seife ist ein Metalsalz, in diesem Fall das Kaliumsalz der benutzten Fettsäuren) hat eine sehr weiche, nicht eng zusammenhängende Struktur. Im Vergleich wird die Seife (und somit das Salz), die aus NaOH (Natrium Hydroxid) entsteht viel fester. Ihre Struktur ist kristaliner und dichter und ist somit schlechter in Wasser zu lösen. (Wenn man weiß, dass Seife ein Salz ist, dann kann man sich auch besser diese Struktur dahinter vorstellen. Genau so wie es unterschiedliche Kristallstrukturen in der mineralischen Welt gibt, gibt es auch unterschiedliche Kristallstrukturen bei diesen Metalsalzen, die wir als Seife kennen.) Deshalb kann man aus NaOH auch nur sehr schnodderige Pampe und keine Flüssigseife herstellen, wenn man die aus NaOH entstehende Seife in Wasser auflöst.
Wenn man nun also mischverseift, also beide Laugen KOH und NaOH, beim Sieden benutzt, wird die Wasserlöslichkeit entsprechen dem Gehalt an KOH erhöht. Eine 100% NaOH Seife ist weniger wasserlöslich als ein 90% NaOH zu 10% KOH Seife ist weniger wasserlöslich als eine 80% NaOH zu 20% KOH Seife, etc. Abhängig von den verwendeten Fetten kann man also das Schaumvermögen durch eine Mischverseifung steigern. Achtung aber, die Seife wird mit steigendem KOH Gehalt auch immer weicher. Wenn das Grundrezept also schon sehr weich ist, wäre von einer Mischverseifung mit einem hohen Anteil an KOH abzuraten, da diese pampig werden kann. Hier dient vor allem der Erfahrungswert als Anhaltspunkt und ein Herantasten an diese Technik mit erprobten Rezepten ist zu empfehlen.
Fazit
Was haben Schaumfett, Zucker und Mischverseifung gemeinsam? Sie erhöhen die Wasserlöslichkeit der Seife und fördern somit die Schaumbildung. Je löslicher die Seife, desto mehr Schaum kann entstehen. Und somit habe ich meine Frage zum Wieso beantwortet. Ich hoffe ich konnte euch verständlich erklären, was genau die einzelnen Inhaltsstoffe in der Seife bewirken und wieso diese den Schaum fördern. Die Nachforschungen, die ich beim Schreiben dieses Posts gemacht habe, waren sehr lehrreich und ich habe mal wieder das Sieden etwas tiefer verstanden. Je mehr ich mich mit der Chemie hinter dem Prozess befasse, desto mehr verstehe ich einzelne Zusätze, lerne was in Seife Sinn macht und was nicht, verstehe was beim Benutzen passiert und vor allem verliebe ich mich immer ein Stückchen mehr in dieses Hobby.
Ich danke euch für‘s Durchlesen,
Inès
Zugabe: Warum Olive nicht schäumen will und das Seifensäckchen auch schaumfaule Seifen zum blubbern bringt.
Woran liegt‘s? Selbstverständlich an der Wasserlöslichkeit, aber hier ein paar Hintergründe. Olivenöl besteht zum größten Teil aus Olein (oleic acid), das zu durchschnittlich 68%. Wie man weiter oben in meiner Darstellung der Fettsäuren sieht, handelt es sich bei Olein um eine ungesättigte Fettsäure, sie ist also relatif langkettig mit Knick. Diese ungesättigten Fettsäuren sind, wie wir gelernt haben, verantwortlich für schlechter lösliche Seifen. Auch die sonstigen enthaltenen Fettsäuren sind alle ungesättigt. Myristin und Laurin sind hier nicht zu finden. Reine Olivenölseife ist also tatsächlich vorprogrammiert nicht zu schäumen. Sie weiß gar nicht wie das gehen soll ;) Andere Öle hingegen sind zwar vielleicht kein Schaumfett, enthalten aber kleine Mengen an gesättigten oder wenigstens kürzerkettigen ungesättigten Fettsäuren und schäumen somit etwas besser.
Unser Freund das Seifensäckchen kann beim Aufschäumen helfen, da es eine grobere Oberfläche als unsere Haut hat. Somit trägt es mechanisch Seifepartikel ab und tadaa, diese Partikel können sich viel leichter im Wasser auflösen, da sie Hilfe bekommen haben. So ähnlich funktioniert es auch bei den Haaren am Kopf oder sonst wo ;) deshalb schäumen manche Seifen auch besser an Männerbeinen. Aber à propos Kopf, wenn ihr mal ein Schampoo habt (ich schau auf euch, naturkosmetische Schampoos), das nicht schäumen will auf dem Kopf: Gebt ungefähr 10ml (oder die Menge, die ihr normalerweise benutzen würdet) in eine leere Flasche und füllt sie mit ungefähr 100ml Wasser auf. Löst das Schampoo im Wasser auf und wascht euch dann mit dieser Lösung die Haare. Ich bin mir sicher, dass mindestens in 8 von 10 Fällen das Schampoo dann freudiger schäumt. Auch hier spielt wieder die Wasserlöslichkeit mit. Viele Schampoos sind viel zu konzentriert und haben Schwierigkeiten ohne genügend Wasser ihre volle Kompetenz zu entfalten.
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