Verseifung und Überfettung/Laugenunterschuss einfach erklärt

 Gleich vorab, ich bin keine Chemikerin, ich habe mich für dieses Thema lediglich belesen um einerseits meine eigene Neugier zu stillen und andererseits zu versuchen in einfachen Worten für den Laien zu erklären, was beim Seife machen eigentlich passiert. Ich bin mir sicher, es gibt noch andere Artikel zu diesem Thema von anderen Seifenmachern. Das hält mich trotzdem nicht davon ab mein eigenes Verständnis und meine Erklärungen aufzuschreiben. Falls dir etwas an diesem Artikel nicht gefällt, dann such dir die Erklärungen selber raus. Wenn ich jedoch chemische Fehler mache, kann man mir das gerne mitteilen.

Es kommt immer wieder die Frage, ob man bei Cold Process Seife das Überfettungsöl wählen kann. Darauf folgt die Erklärung „Nein, das geht nur bei Hot Process“. Doch wieso? Genau diese Frage und hoffentlich ein paar weitere will ich hier beantworten. Da der gesamte chemische Prozess etwas komplexer ist, werde ich also größer ausholen und das Gesamtbild erklären.

Was ist Seife und wie entsteht sie?

Seife besteht aus Salzen von Fettsäuren. Hä? Ok, also greifen wir noch weiter aus. 

Fette und Öle bestehen aus sogenannten Estern, diese bestehen aus Fettsäuren (etwa Stearinsäure, Palmitinsäure, etc) und Glycerol (Glycerin). Die Fettsäuren bestehen aus langen Kohlestoffketten. Um welche Fettsäure es sich handelt, hängt von der Länge der Kette und der Position und Anzahl an Doppelbindungen (man stelle sich kleine Brücken vor) zwischen den Kohlenstoffatomen ab. Gesättigte Fettsäuren zum Beispiel besitzen keine Doppelbindungen zwischen den C-Atomen. Ungesättigte Fettsäuren haben eine (einfach ungesättigt) oder mehrere (mehrfach ungesättigt) Doppelbindungen in ihrer Struktur. Diese Struktur ist für die Seifenherstellung jedoch nicht weiter wichtig. Wichtiger ist die Struktur der Fettsäureestern. Für pflanzliche und tierische Fette kann man generell davon ausgehen, dass es sich um Triglyceride handelt. Das heißt es binden sich ein Alkohol (nicht an Schnapps denken, chemisch gesehen sind Alkohole sehr vielfältig), in diesem Fall Glycerol und Fettsäuren zusammen. Wie der Name es verrät (TRIglyceride), binden sich 3 Fettsäuren an ein Glycerolmolekül. Bildlich kann man sich das so vorstellen:


In Rot das Glycerol, in Blau die drei Fettsäureketten. Zusammen bilden sie das Triglycerid.

Wie entstehen denn jetzt diese Fettsäuresalze, die wir als Seife kennen? Hier kommt die Lauge ins Spiel, sei es NaOH (Natrium Hydroxid, eng. Sodium hydroxide) oder KOH (Kalium Hydroxid, eng. Potassium hydroxide). Wenn wir Seife machen reagiert die Lauge mit den Fettsäureestern. Ein Laugemolekül reagiert mit einer (!) Fettsäurekette. Somit braucht man (sehr einfach gesehen) für ein Triglycerid 3 Laugemoleküle um Dieses komplett zu verseifen. Übrig bleibt also Seife. Aber was passiert mit dem Glycerol, das die Fettsäureketten zusammengehalten hat (und somit das Fettsäureester gebildet hat)? Das Glycerol wird freigesetzt und bleibt am Ende als Glycerin, wie wir sie kennen übrig. Der Prozess komplett ist also dieser:

Fettsäureester + NaOH oder KOH —> Seife und Glycerin

Das Wasser, das zum Anrühren der Lauge genutzt wird, dient lediglich als Träger und Lösungsmittel für die Lauge und nimmt nicht (wirklich) in der chemischen Reaktion teil. Man könnte es als H2O in der Formel mit aufschreiben, es bleibt jedoch vor und hinter der Reaktion das Gleiche, und zwar H2O.

Diese Reaktion sieht also in einfacher Struktur so aus:


Rot steht wieder für Glycerol/Glycerin, blau wieder für die Fettsäuren und grün für die Lauge,
in diesem Beispiel NaOH. Durch die Farben kann man sehen, wer mit wem reagiert.

Was ist die Überfettung oder auch der Laugenunterschuss?

Gerade haben wir gelernt, dass die Lauge jeweils eine einzelne Kette der Triglyceride „angreift“. Geben wir also in den Seifenrechner unsere Fette ein und rechnen das Rezept mit 0% Überfettung aus, erhalten wir die Zahl an Lauge, die wir brauchen um jede der drei Fettsäureketten jedes einzelnen Triglycerids zu Seife und Glycerin zu verwandeln. Es bleiben also keine „unberührten“ Fettsäuren übrig. Da diese Seife in diesem Zustand die Haut sehr viel mehr angreift (was genau sie mit der Haut macht, könnte ich auch in einem anderen Beitrag erklären, bei Interesse, gerne melden) als eine, wie wir es nennen, überfettete Seife, kalkulieren wir meist das Rezept so, dass wir nicht genug Lauge haben, um die Reaktion komplett stattfinden zu lassen. Dies bezieht sich größtenteils auf Cold Process Seife (CP Seife), also Seife, die im Kaltverfahren hergestellt wird. In diesem Fall redet man tatsächlich eher von einer Unterlaugung, da die Quantität an Lauge UNTER dem Wert liegt, den wir für eine komplette Verseifung brauchen würden. 

Aber was genau passiert jetzt wenn wir „zu wenig“ Lauge benutzen? Und in dem was jetzt kommt liegt auch die Erklärung, wieso wir in CP Seife unser Überfettungsöl nicht wählen können.

Die Lauge ist nicht so lieb, dass sie zuerst nur die Fettsäureester in Angriff nimmt, die sie komplett verseifen kann. Nein, sie nimmt alles was kommt, auch wenn sie vielleicht nicht alles in Seife umwandeln kann. Aber was passiert denn mit den Fettsäureestern? Wir haben gelernt, dass pflanzliche und tierische Fette Triglyceride sind. Wenn also nur ein oder zwei der Fettsäureketten abgeknackst werden, bleiben, na wer hat‘s erraten? Mono- und Diglyceride. Dabei handelt es sich um Fettsäureester, die nur ein oder zwei Fettsäureketten am Glycerolmolekül hängen haben. Das Fett was wir zufügen, bleibt also nicht in seiner Ursprungsform sondern verwandelt sich ebenfalls. Nur halt nicht ganz und schlimm ist das nicht. Aber das teure Arganöl, welches man unverseift haben wollte ist doch nicht mehr das Gleiche. Und somit können auch Teile der Wirkung flöhten gehen.

Wer also sein Überfettungsöl wählen möchte, sollte es mit Hot Process Seife (HP Seife) versuchen. In diesem Falle rechnen wir unser Rezept zwar auch vielleicht mit einem Laugenunterschuss aus, aber wir können nach dem Heißverseifungsprozess ein beliebiges Öl unterrühren. Da der Verseifungsprozess zu diesem Zeitpunkt komplett abgeschlossen ist, fliegen keine freien Laugemoleküle herum, die unser Öl (also unser Fettsäureester) angreifen könnten. Die Anfangsstruktur bleibt also erhalten und somit auch die gewünschten pflegenden Eigenschaften. 

Schlussfolgernd klappt das mit dem Überfettungsöl also nur nach dem Verseifungsprozess. Das heißt nachdem Lauge und Fettsäureester komplett miteinander reagiert haben und keine weiteren Reaktionen stattfinden können. Könnte man das den nicht auch bei CP Seife machen? Das Problem hierbei liegt darin, dass CP Seife nach der Verseifung meist hart ist. Es wird also schwierig da etwas einzurühren. Theoretisch könnte man die Seife einschmelzen und dann das Öl unterrühren, aber dann kann man sich den Extraschritt vom Einschmelzen eigentlich sparen und gleich eine HP Seife machen.

Ich hoffe ich konnte euch den Prozess der Verseifung und was Überfettung respektiv Unterlaugung sind verständlich erklären. Wie ich schon am Anfang geschrieben habe, ich bin keine Chemikerin und habe die Prozesse in Laienworten ausgedrückt. Dass Diese vielleicht nicht 100% wissenschaftlich korrekt sind kann gut sein. Für den sogenannten „Hausfrauengebrauch“ reicht es meiner Meinung nach jedoch und somit bedanke ich mich für deine Aufmerksamkeit. 

Bis bald,

Inès

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