Ätherische Öle in Seife - Wie geht das?

Das Thema Duft ist bei Seife omnipräsent. Wer sich mit selbstgesiedeter Seife beschäftigt will meist auch beduften und stößt dann oft an die Kreuzung ätherisches Öl (ÄÖ) oder Parfümöl (PÖ)? Viele fangen mit ÄÖs an, da sie Naturseifen ohne synthetische Zusätze sieden wollen und diese generell auch zum Beispiel im Supermarkt zu finden sind. Aber schnell merken viele, dass das doch nicht so effektiv ist, wie man anfangs vielleicht gedacht hat. Die ÄÖs sind teuer, halten in der Seife nicht lange, manche gehen schon am Tag nach der Verseifung flöten. Ja und nu? Viele greifen spätestens jetzt zum PÖ. Doch es geht auch anders, und das möchte ich euch heute näher bringen.

Wie bei allen meinen Posts ist das Geschriebene mit Humor und Offenheit zu lesen. Es geht um meine Erfahrungen und meine Meinung. Nichts ist in Stein gemeißelt und dennoch soll es lehrreich und hilfreich sein. Hab Spaß!

Häufige Phänomene
Ich will zuerst einmal darauf eingehen, was ich in der Siederwelt oft beobachte.
Erstens wird oft ein ÄÖ gewählt, das selbst außerhalb von Seife sehr flüchtig ist. Etwa Zitrusdüfte und Blütendüfte. Diese gelten als Kopfnoten und gehören zu den ÄÖs, die ungefähr eine halbe Stunde leben und dann abhauen. Sorry, Bus abgefahren, da kommt auch nix mehr.
Zweitens werden nur 1 bis höchstens 4 ÄÖs benutzt/gemischt. Jetzt noch nur Kopf- und vielleicht ein Mittelnotenduft gemixt und schon wieder kann man dem Duft beim verfliegen zuschauen... oder zuschnuppern.
Drittens werden (meiner Meinung nach, ja gibt auch andere ÄÖ-Benutzer aber ich rede hier von Anfängern und co) immer die gleichen ÄÖs gekauft. Es sind oft die geläufigen, eher günstigen Öle wie Zitrusöle, Litsea Cubeba, Lavendel, Pfefferminze, Zimt, Fenchel und Patchouli. Naja, die Öle sind toll, ABER es gibt so viel mehr Auswahl und vor allem, es gibt so viel mehr Basisnoten als nur Patchouli. Und jetzt kommt der springende Punkt...

Das richtige Mischen
Parfümeure befolgen gewisse Regeln oder sagen wir Proportionen um Duftkompositionen herzustellen. Dies dient dazu harmonische Düfte zu komponieren, die lange anhalten. Und jetzt schau nochmal auf deine letzte Seife, die du mit Lavendel und Pfefferminze (zwei Kopfnoten) beduftet hast und die jetzt nach zwei Monaten gefühlt nach nix mehr riecht. Hmmm. Kann das was werden? Eigentlich nicht. 
Was heißt das also genau, was sind diese Proportionen und was hilft mir das?
Das heißt du kannst Mischungen erstellen, die viel länger halten, weil sie sich gegenseitig verstärken, weil komplexere Mischungen mehr Tiefe und Haltevermögen haben. Weil die Duftnoten sich gegenseitig verankern. Weil deine Seife so selbst nach einem halben Jahr noch duftet und du eigenständig Düfte kreieren kannst, die weit über simple Einnotendüfte herausragen.
Hast du Lust eine kreative, persönliche Mischung zu erstellen, die dir Freude bringt?
Na dann hör jetzt gut zu.

Die Parfümeurs-Proportionen
25-30% Kopfnote
50% Mittelnote
20-25% Basisnote
In diesen Proportionen werden Parfüms gemischt. An diese Proportionen solltest du dich so sehr wie möglich bei deinem Duft für Seife auch halten.
Ein weiterer wichtiger Tip: bleib nicht bei drei ÄÖs stehen, weil es drei Noten gibt. Ganz wichtig, mindestens 5 und bis zu 8 bis 11 Düfte geben dir ein viel komplexeres, persönlicheres Resultat. Manche Öle sind mit 1 bis 2% schon so potent, dass man nicht mehr braucht. Setze ein solches Öl also nicht mit 20% ein. Je mehr Öle du benutzt, desto mehr tiefe Nuancen kannst du deiner Duftmischung verleihen.
Ganz wichtig, man riecht am Schluss vielleicht ein Öl nicht mehr einzeln heraus, es bringt jedoch Harmonie und Balance in die gesamte Mischung und würde man es weg lassen würde man merken, dass der Duft nicht ganz rund wirkt.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt sind die Einsatzmengen einzelner ÄÖs. Nicht jedes kann gleich stark eingesetzt werden. Manche dürfen nur bis 0.25% in einer Mischung enthalten sein. Man hat also am Besten beim Mischen ein Buch oder einen ÄÖ-Rechner bei Hand in dem man die Konzentration eines ÄÖs nachschlagen kann. Welche ich hier empfehle werde ich später noch auflisten.
Alle diese Punkte musst du also beachten beim mischen. Klar, das klingt am Anfang sehr einschüchternd, deshalb fang klein an und arbeite dich weiter ins Fach hinein. Beginne mit ganzen Prozentzahlen und mische dir erst nur kleine Quantitäten an.

Mischen possible? Eine erste Übung
Eine gute Methode um Mischungen zu testen ist die Wattestäbchenmethode. Lege dir 10 Wattestäbchen raus. Sie stehen für die 100%. Ein Wattestäbchen steht für 10%, jedes Ende davon hat somit 5%. Teile deine Mischung also in 5er Schritten auf.
Ein Beispiel:
- Kopfnote 30% also zB 5% + 10% + 15%
- Mittelnote 50% also zB 10% + 15% + 5% + 20%
- Basisnote 20% also zB 5% + 5% + 10%
Das würde dann heißen:
- Kopfnote 3 Wattestäbchen
- Mittelnote 5 Wattestäbchen
- Basisnote 2 Wattestäbchen
Das wäre eine Mischung mit 10 ÄÖs.
Tropfe jetzt deine ÄÖs auf die Enden der Wattestäbchen. 5% ist ein Tropfen auf ein Ende. 10% sind  ein Tropfen auf zwei Enden, usw. Stecke deine Wattestäbchen jetzt in ein Glasgefäß mit Schraubdeckel und lass sie über Nacht stehen (am Besten 24 Stunden oder länger). Am nächsten Tag kannst du das Glas öffnen und daran schnuppern (am Besten mit der Hand zuwedeln, so bekommt man ein besseres Bild). Wenn die Mischung für dich stimmt, kannst du sie jetzt auch in größeren Mengen anrühren. Wenn sie dir noch nicht gefällt einfach nochmal rumspielen und die Prozente etwas ändern, vielleicht ein Öl hinzufügen oder eines wegnehmen.
Wenn du hierfür ein Gefühl bekommst kannst du auch mit kleineren Prozent arbeiten. Lerne mehr und mehr ÄÖs kennen, bekomme ein Gefühl dafür was gut zusammen geht und vor allem was sich gut unterstützt.

Das Investieren in qualitative Öle
Ja, der Preis von ÄÖs ist nicht ohne. Aber ganz ehrlich, günstig sind PÖs auch nicht. Das Tolle an ÄÖs ist, dass man von sehr vielen nur wenig braucht. Es sind hochkonzentrierte Extrakte, die sehr potent wirken und mehr tun als nur gut duften. Die Diskussion darüber, ob ÄÖs ihre Wirkung durch den Verseifungsprozess verlieren ist umstritten. Was dabei passiert weiß ich nicht, und gehe somit auf dieses Thema nicht weiter ein. Ich weiß jedoch, dass sie nicht synthetisch sind (wenn man echte ÄÖs kauft) und wem das wichtig ist, der ist froh wenn er seine Seife natürlich beduften kann, auch wenn vielleicht die Wirkung flöten geht, und ohne dass der Duft gleich verfliegt. 
Da ich zu den Menschen gehöre, die auch noch Cremes und andere Kosmetik rühre benutze ich eh viele ÄÖs. Ich habe mittlerweile eine Sammlung von um die 40 Öle oder so. Ich habe sie mir nach und nach gekauft und benutze sie auch nach und nach. Etwas was ich gemerkt habe ist, dass wenn man eine Mischung aus 10 Ölen macht, braucht man von keinem sehr viel und macht es sich somit eigentlich einfacher eine Seife zu beduften. Man braucht nämlich nicht gleich 30ml von einem Öl, sondern nur 3ml von 10 Ölen. Wow! Wenn ich nun teurere und günstigere Öle mische ist die Balance am Ende gar nicht so schlecht. Und somit lohnt sich das investieren in ÄÖs durchaus. Die Mischungen sind fast endlos abwandelbar, es sind einem also eigentlich nur die eigenen kreativen Grenzen gesetzt.

Wo, wie, was?
Das heißt, wo kaufe ich meine Öle und welches Referenzmaterial benutze ich?
Kaufen tue ich meine Öle bei Manske und bei Aromazone. Diese haben Öle in bio und konventioneller Qualität, gute Preise, schneller Versand und liefern soweit ich weiß europaweit.
Als Buch empfehle ich die Encyclopedia of Essential Oils von Julia Lawless. Hier werden über 100 ÄÖs komplex vorgestellt. Das Beste am Buch? Bei fast jedem ÄÖ stehen einige Öle dabei, die besonders gut dazu passen, dies macht Mischungen erstellen sehr einfach.
Als ÄÖ-Rechner empfehle ich die Seite eocalc.com, hier kann man seine Mischung eingeben, angeben welches Produkt man herstellt und bekommt dann ausgerechnet wie viel man höchstens von jedem Öl benutzen kann. So sichert man sich ab, dass die Mischung auf die Haut und somit in die Seife kann.

Ein Schlusswort
Ich selbst mische liebend gerne komplexe Mischungen und habe schon so manche in Seife versenkt. Klar, sie sind nicht so stark und auch nicht so haltbar wie PÖs aber ich mag das auch so. Ich habs nicht so mit überstarken Düften, bekomme von vielen synthetischen Düften Kopfschmerzen und bin ganz einfach auch ausgebildete Naturkosmetikerin, ich beschäftige mich viel und schon lange mit ÄÖs und da liegt es mir nahe damit auch die meisten meiner Seifen zu beduften. Klar, ich benutze auch mal PÖs und mag die Düfte, die man zB mit ÄÖs nicht nachgemacht bekommt, aber die größte Freude bereiten mir meine eigenen Kompositionen, die man so ganz einfach nicht zu kaufen bekommt. "SCHAU MAL, DAS HAB ICH GEMACHT!!" So in etwa fühl ich mich, wenn's geklappt hat hihi. Und ich hoffe du traust dich auch. Ich hoffe du verlierst die Geduld mit den ÄÖs nicht mehr und ich hoffe du findest deine Hammermischung auf die du stolz bist!
Ein weiterer kleiner Gedanke, viele Seifen, die ich mit ÄÖ beduftet habe riechen außen nur noch ganz leicht nach einigen Monaten, wasche ich sie jedoch dann an kommt mir die ganze Ladung entgegen und bleibt auch bis ich sie ganz abgewaschen habe. Wenn du sie jetzt zB noch ein bisschen einpackst bleibt der Duft auch länger in den äußeren Schichten. Stelle aber sicher, dass sie trotzdem lange genug an der Luft reifen konnte und nicht komplett luftdicht abgepackt ist. Seife hält sich wohl gelüftet einfach besser.

So das wars. Na, hast du etwas gelernt? Ich hoffe ich konnte einigen weiterhelfen beim Thema ÄÖ in Seife. Wenn du noch Fragen hast, dann schreib mir sehr gerne und ich schaue ob ich dir helfen kann.

Bis ganz bald,
Inès

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